Zwanzig Jahre vorher hatte Catharina Gerkens auf dem Felde bei Wulmstorf allein gearbeitet. Da war plötzlich ein Mann in kurzen schwarzen Kleidern an sie herangetreten, hatte es recht wichtig gehabt, auch mit ihr leise gesprochen und merkwürdige Zeichen und Andeutungen in der Luft gemacht, war ebenso schnell aber wieder verschwunden gewesen. Einige Nächte darauf war damals ihre schwarzrückige Kuh mir nichts, dir nichts gestorben, und dann war es im Flüsterton von Haus zu Haus gegangen: „Mit Catharina stimmt was nicht...“ Und Bartel Peters hatte es selber gesehen, wie der Mann in kurzen schwarzen Kleidern mit Catharina leise geredet hatte. Und den habe er sogar gekannt. Lukas heiße er.
Wenige Tage später war Catharina zum Amtmann nach Moisburg bestellt worden. Dem hatte sie in ihrem Eifer auf die Schulter geklopft und damit bloß beteuern wollen, sie sei wirklich keine Hexe. Aber von dieser Berührung, so das Gerücht, hatte der Amtmann eine Lähmung im Arm bekommen. Ja, und in Schwiederstorf und Ketzendorf, auch in Daensen und Heimbruch waren bald danach wiederholt Schweine, Ferkel und Kühe eingegangen, immer nur dann, wie die Leute meinten, wenn Catharina vorher des Weges dahergekommen sei.
Diese Anschuldigungen und Verleumdungen gingen so noch etliche Jahre weiter, bis es zum Prozess in Moisburg im Amtshaus kam. Alle Bauern, Knechte und Mägde wurden als Zeugen vernommen. Aber Catharina konnte mit dem besten Willen nichts zugeben und eingestehen, wofür man sie beschuldigte. In so einem Fall besann man sich auf die Folter. Und als Catharina auf den wie Feuer glühenden Steinen stand, konnte sie vor Schmerzen nicht mehr aushalten und gestand die gegen sie erhobenen Vorwürfe.
Aber es war durch peinliche Halsgerichtsbarkeitsordnung im damaligen Heiligen Römischen Reich deutscher Nation verboten solche Geständnisse durch die Folter zu erpressen. Darum musste Catharina noch einmal ohne Folter wiederholen, was sie eben bekannt hatte. Sie wusste wohl zu genau, was ihr bevorstand, wenn sie das Geständnis widerrief. Durch die schwere Folter war es ihr wohl einerlei, was aus ihr werden sollte und sicherlich waren auch ihre Gedanken durcheinander, als sie unmittelbar nach der Folter ihr Geständnis wiederholte. Nun war nach dem kaiserlichen Gesetz genüge getan und Catharina wurde auf dem „Hexenberg“ in Moisburg bei lebendigem Leibe 1612 verbrannt.
(aus „Moisburg unser Dorf“, mit freundlicher Genehmigung von Erich Tauber)
Auf dem „Hexenberg“ wurden mehrere „Hexen“ verbrannt, später stand dort ein Galgen, der bis ins 18. Jahrhundert von der Gerichtsbarkeit genutzt wurde.