26. Hühnerprobe am 25. Mai

Text und Fotos: Brigitte Sonnenberger

Seit 28 Jahren streiten sich die Kirchengemeinde und Familie Seepolt um die Frage, ob der Zaun zwischen ihren beiden Grundstücken hühnerdicht ist und wer ihn gegebenenfalls zu reparieren hat.

Wegen Corona mussten zwei "Hühnerproben" ausfallen. Da die Reihe der teilnehmenden Hennen ihre Namen in alphabetischer Reihenfolge bekommen haben, brachte Henner Schönecke zur 26. Probe das Huhn Zora der Rasse "Lohmann Braun"mit.

"Hühnerprobe-Präsident" Bürgermeister Tobias Handtke begrüßte alle Teilnehmenden und gab der Hoffnung Ausdruck, dass der langwierige Streit nun endlich beigelegt werden. Mit dem neuen Pastor sollte das doch möglich sein.

Nach dem Verlesen der Urkunde mit den strittigen Punkten durch Notar Dr. Martin Lockert begann der Disput zwischen den Kontrahenten.

Für Pastor Jan Oliva war es eine Premiere, aber er fand sich schnell in die Streitkultur ein. Den Vorwurf von Marko Seepolt, die Kirche sei stur, konterte er mit den Worten "Wir von der Kirche bauen eigentlich keine Zäune und Mauern, zu uns kann jeder kommen". Aber er gab zu, dass freilaufende Hühner eine Gefahr darstellen. "Die Kirche spielt auf Zeit!" schimpfte Marko Seepolt. "28 Jahre sind genug". Das ließ Pastor Jan Oliva nicht gelten. "Sie haben es in 28 Jahren nicht geschafft, eine Lösung zu finden. Nur weil ich neu bin, muss jetzt alles ganz schnell gehen".

Nun kam Zora zum Einsatz. Sie brauchte lange, um einen Durchschlupf im Zaun zu finden und wollte auch nicht so schnell aus der Hecke hervorkommen. Aber es war klar: Der Zaun ist nicht hühnerdicht!

Es wurde noch ein wenig beratschlagt, ob im nächsten Jahr nicht ein Hahn oder mehrere Hennen die Probe machen sollten; denn der Ausdruck "hühnerdicht" lässt ja an mehrere Tiere und nicht nur an ein Huhn denken. Außerdem wurde der Vorschlag gemacht, einen Vermessungsingenieur hinzuzuziehen, um festzustellen, auf welchem Grundstück der Zaun überhaupt steht.

Danach wurde in der Gaststätte "Zum Florian" beim Essen weiterdiskutiert und Spenden für die Zaunreparatur gesammelt.

Erfahrungsgemäß wird es dafür nicht verwendet und die Grundschule Elstorf kann sich über eine Spende für die Bücherei freuen.

Im nächsten Jahr ist Pastor Jan Oliva der Präsident des Hühnerproben-Teams.

Wie kam es zu der Hühnerprobe?

1992 kaufte Dieter Seepolt das Grundstück neben der Nicolaikirche.Zu seinem Erstaunen las er einen Grundbucheintrag aus dem Jahr 1957, dass die Duldung und Erhaltung einer Mauer und eines hühnerdichten Zaunes zwischen den beiden Grundstücken verpflichtend sei. Wer dafür verantwortlich ist, geht aus dem Eintrag nicht hervor.
1995 beschlossen einige Herren am Tresen auf dem Elstorfer Schützenfest, dass künftig jedes Jahr die "Hühnerdichtigkeit" des Zaunes zu überprüfen sei. Seitdem ist der "Streit" zwischen Kirche und Familie Seepolt entbrannt. Jedes Jahr wird Geld für die Reperatur des Zaunes gesammelt. Wird es innerhalb von zwei Monaten nicht für diesen Zweck verwendet, wird es einem gemeinnützigen und sozialen Projekt zugeführt.